Der Biobetrieb in Hinterkaifeck

  • Einleitung:

    Ich bin Martin Reiter und bin 58 Jahre alt. Ich stamme aus dem Ort Walchen in Salzburg. Dort wuchs ich, gemeinsam mit meinem älteren Bruder Günter, auf einem kleinen Milchvieh Betrieb auf. Nach der Schulde zog es mich in die Stadt Innsbruck, wo ich Maschinenbau studierte. Den elterlichen Betrieb übernahm Günter.



    Nach dem Studium begann ich in der Entwicklungsabteilung eines Melkmaschinen-Herstellers zu arbeiten. Ich sah die Stall- und Fütterungs-Robotik als eine der Sparten mit dem größten Entwicklungspotential. Und der Erfolg gab mir Recht. Vor ca. 3 Monaten lief mein Arbeitsvertrag aus. Ich habe das Angebot über eine Vertragsverlängerung nicht angenommen, da ich mir eine Auszeit gönnen wollte. So fand ich auch endlich wieder Zeit für mein großes Hobby. Ich betreibe eine Internetseite auf der sich Hobbyermittler über ungeklärte Todesfälle austauschen.

    Ich bin gerade auf dem Weg um in Deutschland in der Ortschaft Hinterkaifeck nach einem kleinen Bauernhof zu suchen, als plötzlich 2 Pferde vor mein Auto laufen. Vollbremsung. Die beiden Pferde gehen durch und laufen erschrocken über die Straße und das angrenzende Feld. Als ich aus dem Auto ausgestiegen war, waren sie bereits nicht mehr zu sehen.



    „Da läuft ja eine Güllepumpe trocken“, denke ich mir und blicke verdutzt in Richtung eines alten Hofs. Ich steige ins Auto und biege auf die Nebenstraße ein. „Was macht den ein Steyr Traktor hier in dieser Gegend?“. Schnell zum Traktor, das Handgas zurück und die Zapfwelle aus. „Mit einem Steyr kann man sowas ja machen, aber die Pumpe dürfte hinüber sein. Und die 4 Schafe auf dem Viehhänger sehen auch nicht mehr allzu frisch aus. Da ist was faul. Hallo! Ist jemand Zuhause?“ rufe ich. Keine Antwort. Ich rufe die Polizei.


    Nach dem Eintreffen von Polizei und Rettungsdienst werden das Haus und das Hofgelände nach dem Besitzer abgesucht. Nichts, keine Spur. Ich kann mithören, wie der Herr von der Exekutive an einen Kollegen funkt: „Zentrale, wir sind beim alten Jungbauern. Der Depp hat wieder mal das Jauchefass laufen lassen. Im Viehanhänger stehen noch die 4 Schafe mit denen er gestern zum Viehhändler wollte. Die Nachbarn laden sie ab und geben ihnen einen Heuballen. Dann ist hier wieder Ruhe. Ich hab jetzt Dienstschluss und fahr nach Hause“.


  • Einleitung II:


    Auf die Frage, wer sich um die Pferde kümmert meint der Polizist nur: „Die werden nicht weit sein. Wenn der alte Jungbauer dann mit seinem Moped nach Hause kommt, laufen ihm die Pferde meistens hinterher“. Der Nachbar fährt den Schafen noch einen Heuballen in den Stall. Er meint zu mir: „Kannst du Schlepper fahren?? Ich nicke. „Fahr den Viehhänger Richtung Zaun“. „Ja kann ich, klar“. „Soll ich dich einweisen?“. Ich antworte „Nein, nein. Hab e 2 Spiegel“. Er grinst nur und zwinkert mir zu.

    So, Rückwärtsgang, ich nehme mal die Zweite, kurzer Gruß vom Getriebe, Handbremse runter, OK das Handbremsseil dürfte gerissen sein. Kupplung kommen lassen. Abgewürgt. Nein die Bremse dürfte hängen. Der IHC startet beim dritten Versuch wieder. Ich drehe am Lenkrad. Hat der keine Servolenkung? Naja, dafür aber 300kg Zusatzgewicht auf der Vorderachse. Das gibt Muskelkater. Egal. Blick in den linken Spiegel. Der schaut Richtung Himmel. Blick in den rechten Spiegel. Der schaut Richtung Mekka. Dann halt Blick durch die Heckscheibe. Das gibt morgen auch noch Genickschmerzen. Nach getaner Arbeit reicht mir der, immer noch grinsende, Nachbar eine kühle Blonde. „Ich bin da Sepp, Prost“. „Ich bin Martin. Was ist hier eigentlich los?“ „Finanziell geht’s ihm nicht gut. Die Frau und sein Sohn sind schon lange weg. Er trinkt a bisserl zu viel und seit er letztes Jahr seinen Betrieb auf Bio umstellen wollte geht’s ihm ganz schlecht. Der arme Johann“, meint Sepp. „Du willst bestimmt zum Museum vom Gruber Hof, oder?“ „Ja warum weißt du das?“ „Weil jeder der nicht von hier ist dort hin will“. Sepp erklärt mir den Weg und wir verabschieden uns.



    Am Museum angekommen sehe ich einen älteren Mann neben dem Eingang sitzen. „Do is zua. Es is Montog, do haum de zua. Immer am Montag haum de zua. Sonst is offen“, ruft er mir entgegen. „Ok, danke für die Info. Dann komm ich morgen wieder“, rufe ich ihm zu. „Mogst de Gschicht hern? Kimm her, nimm da a Bier i dazö das. I bin da Johann. Prost“. „Sind sie der alte Jungbauer von dem kleinen Hof im Ort?“ frage ich ihn. „Der kleine Hof? Mein Herr, des is ein Bio Agrar Betrieb mit Bio Schafwolle Produktion, Bio Ferkelzucht und Bio Pferden. Mit denan können Kinder ohne Gentechnik reiten. Der einzige Bio Agrar Betrieb im ganzen Ort is des!“ ruft er und springt erbost auf. Ohne weitere Worte packt er die halb volle Bierkiste auf sein Moped und fährt in Schlangenlinien davon.


    Ich fahre zurück zum Gasthaus in dem ich für die nächsten 2 Tage ein Zimmer gebucht habe. Im Gastraum sehe ich Sepp mit 2 anderen Männern und einer älteren Frau am Stammtisch sitzen. 

    „Martin komm, setz dich her!“ ruft er mir zu. Nach ein paar Bier wird die Stimmung immer lockerer. Die Dame am Tisch, Monika, hat im Ort einen Mutterkuhbetrieb. Sie erzählt zusammen mit Ferdinand, dem örtlichen Schweinebauern, lustige Geschichten aus vergangenen Tagen. Irgendwie hängt jede der Geschichten mit Johann zusammen. Er dürfte hier so etwas wie der Dorfdepp sein. Der Jüngste in der Runde ist Leo. Er hat vor ein paar Jahren die kleine Biogasanlage seines Vaters übernommen. Da er die Anlage immer weiter ausbaute, braucht er natürlich eine Menge Mais um die BGA satt zu bekommen. Er hat die Flächen von 2 stillgelegten Höfen in Pacht. Bis auf die Felder von Sepp, Monika, Johann und Ferdinand und ein paar kleinen Äckern gehört quasi der ganze landwirtschaftliche Grund der Gegend ihm.

    Der Wirt kommt an unseren Tisch: „So Leute, letzte Runde. Dann trink ma nu an Schnaps. Der geht aufs Haus“.

    Ich frage in die Runde: „Da ich heute schon so viel über alte Bauerngeschichten gehört habe, was ist eigentlich mit den Todesfällen von 1922?“. Sepp, Ferdinand und Leo verlassen ohne ein Wort den Tisch und gehen zur Tür hinaus. Nur Monika bleibt sitzen. Sie trinkt den Rest ihres Bieres, kippt 2 Schnaps und flüstert mir zu: „Schleich di zruck in´d Stadt“. Der Wirt grinst ihr zu: „Moni, Zeit fürs Bett“. Sie verlässt das Gasthaus. Der Wirt setzt sich zu mir. Gemeinsam trinken wir die übriggebliebenen Schnäpse aus. „Fahrens morgen zum Museum. Schauen sie sich die Führung an. Aber bitte belästigen sie hier am Stammtisch nicht meine Gäste mit der alten Geschichte“. Ich entschuldige mich und wackle die Stiege hinauf in mein Zimmer.


  • Der Ausritt:

    Mit brummenden Kopf wache ich gegen 11:00 Uhr auf. Für ein Frühstück ist es wohl schon zu spät. Ich gehe in den Gastgarten und bestelle mir einen großen Braunen und eine Cola mit einer Scheibe Zitrone. Irgendwo hab ich mal gelesen dass das bei einem Kater helfen soll. Der Lärm der vorbeifahrenden Johnnys schmerzt aber doch noch sehr. Nachher möchte ich noch zu Johann. Ich möchte sehen ob die Pferde wieder heimgekehrt sind und ob es den anderen Tieren auch gut geht.



    Am Hof angekommen sehe ich wie Johann den Steyr aus der Garage fährt. Gut gelaunt steigt er ab und kommt mir zu: „Servus, du bist a Österreicher gell?“ Ich nicke „Salzburger“. „Quasi a Bayer“ grinst er. „Was sagst den zu mein Steyr? Fesch gell. Den hab i vo mein Vatern“, meint Johann sichtlich stolz. „Tut ma leid dass i gestern einfach so davon gfahrn bin. I hob wohl a Bier zu viel erwischt. Passiert mir normalerweise ned“, sagt er. „Passt schon. Ich hab mich nur um die Tiere gesorgt“, entgegne ich ihm.



    Ich sage ihm, dass ich mir das Museum ansehen will und frage ihn, ob er eventuell ein paar Fakten zu den Fällen kennt die noch nicht jedem bekannt sind. So kann ich vielleicht mehr Leser für meine Internetseite bekommen. Johann verzieht das Gesicht. „Ois erstunken und erlogen. Nur Gauner. Und jetzt machen die a nu Geld mit an Museum. Kannst ja hinfahren und da die Gschicht erzählen lassen die die sich ausdenkt haben“, Johann blickt immer grimmiger. „Eigentlich bin ich wegen dem IHC hier. Ich habe damit gestern den Viehwagen geschoben. Die Bremse hängt und die Servolenkung dürfte defekt sein. Ich kenne mich mit den Dingern aus und könnte mir das mal ansehen“, flunkere ich ihn an. „Oiso du host ma meine Spiegel verstellt!“, jetzt ist er richtig zornig. „Ich wollte sie nur einstellen. Hab ich das nicht richtig gemacht?“ „Bei mir schaut der rechte Spiegel in Himmel rauf damit i seh wenns mi mit de Drohnendinger verfolgen und da linke schaut in toten Winkel. Ned dass i nix seh wenn wer auf mi schießt!“, brüllt Johann. Um irgendwie aus der Situation rauszukommen frage ich Johann ob ich mir eines seiner Pferde für eine Stunde mieten kann.


    Er sagt: „Klar. Nimmst des braune. I schmeiß da an Sattel rauf. 60€ die Stunde. Des Striegeln danach is kostenlos“. Etwas verwundert gebe ich ihm die 60€. Ich bin zwar seit meiner Jugend nicht mehr geritten, es scheint mir aber doch eine gute Möglichkeit zu sein um aus der unangenehmen Situation herauszukommen und gleichzeitig einen Weg zu haben um Kontakt zu Johann zu halten. Ich vermute er hat Informationen die bestimmt zig neue Leser auf meinen Blog locken. Während er das Pferd sattelt schaue ich mich etwas am Hof um. Neben den Schafen und Pferden dürfte Johann auch ein paar Zuchtsauen halten.


    Mir ist etwas mulmig zumute. Ich bin seit Ewigkeiten auf keinem Pferd mehr gesessen. Eigentlich mag ich Pferde nicht besonders. In meinem Heimatort gab es einen Reiterhof. Jeder Junge im Ort hatte ein Auge auf die Tochter des Besitzers. Die hatten damals erstaunlich viele junge, männliche Reitschüler. Da ich die Gegend nicht kenne reite ich einfach einen Feldweg entlang der vom Hof wegführt. Nach ein paar Minuten sehe ich einen der Traktoren die ich vorher auf der Straße sah. „Das ist Leo. Er hat mir gestern Abend gesagt, dass er heute Gärreste fährt. Die Felder dürften also zu seiner BGA gehören“, denke ich mir. Komisch, dass er nicht zurück grüßt. Der hatte allerdings gestern auch ordentlich Gerstensaft getankt. Kein Problem also.


    Ich drehe um und reite Richtung Johanns Hof zurück. Johann ist gerade dabei mit seinem Zetor die Winterbegrünung unterzupflügen. Ich bleibe kurz stehen und sehe zu, wie sich der Traktor mit dem 3-Schar Pflug plagt. Ich denke mir: „Das Pflugbild ist ziemlich unregelmäßig. Der Oberlenker müsste länger gestellt werden. Die letzte Schar pflügt viel höher als die Erste. Der Zugpunkt dürfte auch nicht passen, da die Vorderräder des Traktors sich ständig weg von der Pflugfurche drehen.“ Johann bleibt am Vorgewende stehen „Passt was ned weilst so blöd schaust?“ „Nein, nein. Ich ab mich nur gerade gewundert warum mich Leo nicht zurückgegrüßt hat“. Johann schreit: „Der verwöhnte, egoistische, glyphosatgetränkte Maisbastard? Der grüßt die ned weil du auf mein Pferd reitest. Wenn i wegen dem mei Bio Zertifikat ned bekomm brech i ihm des Gsicht!“.


  • Holla die Waldfee......hier geht es aber ab!!! Klasse geschrieben. Is ja fast wie in einem "Tatort" aus Baziland. (und ich liebe Krimis......wenn sie gut gemacht sind)

    Und diese Sprüche auf bayri....ääähh....boarisch sind ja mal klasse. Gut, ich muss zwar alles zweimal lesen aber trotzdem genial.....und dieses "dieser Glyphosatgetränkte Maisbastard" muss ich mir merken......:D:thumbup:

    Super geschrieben:thumbup::thumbup: Danke!

  • Wer kümmert sich um den Hof:

    Johanns Gesicht ist knallrot. Irgendwie muss ich die Situation entschärfen. „Wie heißt das Pferd eigentlich?“. „Wos frogst den so bled. Pferd hoid oder meinst i gib ollen Viechern Namen?“ Johann grinst. „Du Johann, soll ich mir am Abend die Bremsen des IHC mal ansehen? Ich habe Maschinenbau studiert und wuchs selbst auf einem Bauernhof auf. Außerdem habe ich früher mit meinem Vater die Trommelbremsen unserer Steyr gewechselt. Das wird beim IHC nicht viel anders gebaut sein“, frage ich ihn. „Die Bremspacken liegen bei mir in der alten Maschinenhalle. Du kannst zur Monika foan, die hot a Stehgruam. I ruaf sie gleich an mit mein Schnurlos. Getriebeöl wechslst a glei wennst scho dabei bist. Owa pass auf di auf.“ Ich sehe ihn fragend an: „Warum soll mir was passieren?“. Jetzt lacht er: „Passt scho. I geh daun jagan aufn Hochstand. Do hob i mei Ruhe.“ Ich reite zurück und striegle das namenlose Pferd. Ist ja schließlich gratis. Vor der Maschinenhalle fällt mir fast die Kinnlade runter. Hier siehts aber aus. Ich suche mir die Teile für den IHC und fahre zurück ins Hotel. Ich hoffe ich finde ein paar Youtube Videos über den IHC.



    Gegend Abend hole ich den IHC vom Hof. Johann ist nicht hier. Wahrscheinlich ist er schon am Jägerstand und gönnt sich ein paar Bier. Ich fahre den IHC auf die Hebebühne und mache mich an die Arbeit. Als ich die Feuerwehrsirene höre und die ersten Blaulichter durch das Werkstattfenster sehe zucke ich kurz zusammen. „Pass auf dich auf“, hat mir Johann noch gesagt. Öl verschmiert und durchgeschwitzt starte ich den Traktor. Rückwärtsgang rein, Handbremse runter. Diesmal klappt das auf Anhieb. Ich drehe das Licht in der Werkstatt ab und gehe in der Dämmerung Richtung IHC als ich Schritte höre. Mein Puls rast. „Na bist schon fertig mit der Reparatur?“. "Ach hallo Monika, du bist es." „Ja wer solls den sonst sein? Kommst noch mit rein auf ein Bier?“, fragt sie und kommt mir immer näher. Etwas nervös antworte ich: „Nein danke. Ich muss den Traktor noch retour bringen und muss morgen früh raus. Außerdem bin ich ölverschmiert und verschwitzt“. Monika steht jetzt dicht vor mir und öffnet den obersten Knopf meines Hemds. „Des macht ja nichts. Kannst ja bei mir kurz in die Badewanne hüpfen und ich wasche dir den Rücken“. Ich mache einen Schritt rückwärts, lehne das Angebot dankend ab und stolpere auf den Traktor.



    Am Weg zurück sehe ich Blaulichter auf den Feldern neben Johanns Hof. Polizei, Rettungswagen, Feuerwehr, alles da. Als ich näher fahre sehe ich wie die Türen des Rettungswagens geschlossen werden und der Rettungswagen wegfährt. Ich steige ab und frage den Polizeibeamten: „Was ist den hier los“. Er dreht sich um: „Ach sie schon wieder? Sind sie eigentlich ein Angehöriger von Johann?“. Ich verneine. „Dann darf ich ihnen keine Auskunft geben!“. Ich drehe mich weg Richtung Traktor als ich das Handfunkgerät des Polizisten sehe. Vielleicht sollte ich noch kurz warten. „Zentrale, wir sind hier fertig. Da Johann dürfte wieder einen übern Durst getrunken haben und vom Hochstand gefallen sein. Zum Glück war der Leo grad am Spritzen am Feld gegenüber und hat ihn gefunden. Er ist halbwegs bei Bewusstsein und am Weg ins Krankenhaus. Ich fahr jetzt heim, ich hab Dienstschluss. Den Bericht schreibe ich morgen“. Ich fahre den IHC in die Garage. Nach einer Dusche gehe ich noch runter auf ein Bier.



    Als ich den Gastraum betrete kommen mir gerade die üblichen Verdächtigen des Stammtisches entgegen. Der Wirt meint: „Ich mach jetzt zu. Ach ja, du musst morgen aus deinem Zimmer. Ich bin ausgebucht.“ Sepp, der nebenan wohnt, fragt mich ob ich noch zu ihm nach Hause mitkomme. Der Stammtisch wird heute dorthin verlegt. Monika grinst: „Kannst aber auch zu mir mitkommen, jetzt wo du sauber bist und so gut duftest“. „Moni der ist zu jung für dich“, lacht Ferdinand. Leo meint: „Ich muss jetzt erstmal den Schock von Johanns Unfall verdauen. Ich werde nicht mehr mitkommen und gehe ins Bett“, und verabschiedet sich. Bei Sepp angekommen frage ich in die Runde ob sie wissen wie es Johann geht. „Der wird schon wieder. Unkraut vergeht nicht“, sagt Ferdinand. Die Anderen fangen an zu lachen. „Und du fährst morgen wieder heim?“, fragt mich Monika. Ich antworte: „Ja wollte ich eigentlich aber wer kümmert sich um Johanns Hof während er im Krankenhaus ist?“. „Ich werde die Tiere morgen mal füttern. Dann werden wir sehen wie lange Johann im Krankenhaus sein wird. Eigentlich wollte er ja morgen Gerste säen, weil das Wetter perfekt dafür passen würde“, sagt Sepp. „Ich machs“, sage ich plötzlich. Keine Ahnung woher das so spontan kam. „Ich bin auf einem Hof aufgewachsen. Es war zwar ein kleiner Milchviehbetrieb, aber wir bewirtschafteten auch ein paar Felder“, sage ich. Sepp bietet mir eine der Ferienwohnungen an die seine Frau nebenbei betreibt. „Dieses Angebot nehme ich gerne an. Danke. Wo ist den hier die Toilette?“, frage ich. „Am Misthaufen“, antworten die 3 gleichzeitig. Am Weg dorthin sehe wie Leo mit einem seiner Hirsche und einer Amazone Feldspritze vorbeifährt. „Der hat aber schnell verdaut“, denke ich mir.



    Wieder zurück am Tisch stelle ich die Frage warum Johann so viele alte Baumaschinen auf seinem Hof hat. Die 3 beginnen abwechselnd zu erzählen: „Johanns Mutter betrieb den Hof alleine. Der Hof war früher viel größer als er heute ist. Johann wollte sich als Bauunternehmer selbstständig machen und bekam auch gleich einen Großauftrag. Er sollte für Leos Vater eine Biogasanlage bauen. Da Johanns Mutter die Arbeit am Hof nicht alleine schaffen konnte, vereinbarten sie dass Leos Vater während der Bauarbeiten einen Teil ihrer Flächen mitbewirtschaften sollte. Johann musste zusätzlich noch ein Feld verkaufen um sich den großen Bulldozer leisten zu können. Das Feld kaufte auch Leos Vater. Viele im Ort fragten sich damals, wo er das ganze Geld hernahm da sein Hof kleiner war als der von Leos Mutter. Leos Vater antwortete stets mit: „ich leg mir das Geld lieber unter den Kopfpolster als es im Gasthaus auszugeben“. Es wurde also ein, im Nachhinein betrachtet, schwammiger Bauauftrag aufgesetzt. Am Bau gab es ständig Probleme. Der Untergrund auf dem die Anlage stehen sollte war nicht tragfähig genug also mussten teure Pfähle eingeschlagen werden. Die Betonqualität war nicht ausreichend also mussten Teile wieder abgerissen und neu gebaut werden, … Der Fall ging vor Gericht und Johann verlor. Die Felder die Leos Vater nur für eine Zeit bewirtschaften sollte gingen in seinen Besitz über. Johanns Mutter blieben nur der Hof, 3 kleine Felder, 2 Wiesen und ein Waldstück. Sogar den neuen Fendt, der der ganze Stolz von Johanns Mutter war musste verkauft werden. Ihr Gesundheitszustand verschlechterte sich rapide und sie verstarb früh. Johann warf Leos Familie vor, dass sie die Baustelle sabotiert haben und sich dadurch die Felder erschlichen haben. Außerdem gab er ihnen Schuld am Tod seiner Mutter“. Staunend antworte ich: „Das ist ja mal eine Story. Das erklärt so einiges. Was ist eigentlich mit Johanns Vater?“ „Das weiß niemand so richtig“, flüstert Monika mit einem breiten Grinsen. „Seine Mutter war, naja, mehrere, ahm, sie hatte viele, sagen wir sie wusch gerne mehreren Männern den Rücken“. Sepps Frau betritt den Raum: „Komm Martin ich zeige dir deine Wohnung“. Wir trinken noch alle ein Schnäpschen und verabschieden uns.


  • Grüß euch. Danke für die echt coolen Rückmeldungen. Freut mich riesig. Eigentlich wollte ich das Krimi Ding nur als Intro verwenden. Irgendwie macht aber genau das viel Spaß zu schreiben.

    Mal sehen wie lange Johann im Krankenhaus bleiben muss. Sepp scheint ganz nett zu sein. Oder ist das nur Fassade? Warum sind alle Zimmer im Gasthaus auf einmal ausgebucht? So viele Fragen. Ich hoffe dass ich morgen wieder ein paar Zeilen bringen kann.

    Bis dann.

  • Die Aussaat:

    @!“§&%$/ verschlafen! Es ist schon halb 10:00 Uhr. Ich wollte eigentlich um 8 das Saatgut abholen. Ohne Frühstück geht’s auf den Hof. Steyr an die Gitterbox und ab geht die Post. Johann hatte vor seinem Unfall Gerste, Weizen und Hafer Saatgut bestellt. Der Angestellte des Händlers begrüßt mich mit einem freundlichen „Servus. Bist du Johanns Knecht? Ich helfe dir kurz aufladen. Die Säcke sind ziemlich schwer“. „Danke aber der Weizen ist gebeizt. Den darf ich als Biobetrieb nicht säen“, sage ich verärgert. „Ich habe nur diesen Weizen. Wir haben sonst nur biologisches Maissaatgut“. „Johann hat keine Einzelkornsämaschine. Wie soll ich das drillen?“ frage ich. „Frag mal Sepp. Der hat eine Amazone Maisdrille“. Wir laden das Saatgut auf und ich mache mich auf den Weg zurück.



    Am Steyr hängt die Gitterbox, am Zetor die Egge und am IHC die Pöttinger Sämaschine. „Läuft“, denke ich mir. Der Zetor hat mit seinen 80 PS leichtes Spiel mit der kleinen 6 Meter Egge. Mich stört allerdings der große Wendekreis des Schleppers. Nicht optimal für einen Frontlader Schlepper. „Wenn das mein Hof wäre, würde ich diesen Traktor so schnell wie möglich weggeben. Irgendein schöner alter Fendt aus der 500er Serie. Deutz ginge auch noch. Die Egge müsste auch weg. Diese hat keine Rohrstabwalze. Somit wird das Erdreich nicht rückverdichtet. Am Besten gleich eine Kreiselegge“, sage ich leise vor mich hin.


    Jetzt geht’s auf den IHC. Die Treppe und das Podest auf der Rückseite der Sämaschine erleichtern das befüllen des Saatguttanks. Zuerst kommt die Gerste dran. Mit den 3 Säcken müsste ich ca. die Hälfte des größeren Feldes schaffen. Daneben soll der Hafer hin. Da es schon ziemlich spät für die Saat der Sommergerste ist, möchte ich den Hafer gleich im Anschluss in den Boden legen. Der IHC macht mir großen Spaß. Bei jedem Tritt auf das Gaspedal steigt eine dunkle Rauchwolke auf und der Sound ist einfach grandios. Nach getaner Arbeit rufe ich Sepp an um ihn wegen der Mais Saat zu fragen. „Das Wetter war die letzten Tage so schön, wir sind heuer sehr früh mit dem Maislegen. Ich bin schon den ganzen Tag mit der Amazone unterwegs. Bereite das Feld vor, ich drück dir den einen Hektar noch am Abend rein!“, brüllt er in sein Handy.



    Da ich die Egge schon vom Zetor abgehängt habe spanne ich diesmal den IHC davor. Wenn schon lange arbeiten, dann zumindest mit Sound und Sonnenuntergang und dem Geruch eines alten Motors, mit einer selbst reparierten Servolenkung und, … einfach herrlich. Sepp kommt ans Feld. Wir füllen kurz 2 Säcke Saatgut ein und dann geht’s los. „Düngefunktion ausschalten!! Hier ist Bio!!“, rufe ich ihm noch hinterher. „Hätte ich glatt vergessen. Nicht dass du dann den Mais an Leos BGA verkaufen musst“, grinst er mir zu.



    Die 2 Säcke Saatgut reichen nicht ganz aus. Als wir den dritten Sack einfüllen fragt mich Sepp ob ich mich mal am 818 versuchen möchte. „Natürlich“, antworte ich. Ich setze mich auf den Sitz und bin erst einmal schwer von den vielen Knöpfen und Displays beeindruckt. Sepp zeigt mir kurz die Grundfunktionen. Kurz zusammengefasst: Vorgewende Knopf drücken, die Sämaschine senkt sich, Knopf nochmal drücken, die Zapfwelle startet, Knopf nochmal drücken, der Schlepper fährt los. „Da brauch ich ja nur mehr lenken“, sage ich verblüfft. „Knopf drücken nicht vergessen.", lacht Sepp.



    Nach getaner Arbeit trinken Sepp und ich noch ein Bier am Feldrand. „Sei mal ruhig, da klingelt etwas“, sagt er. Wir greifen nach unseren Handys. Beide klingeln nicht. „Da liegt Sepps Handy. Monika ruft an“, sage ich. Ich hebe das Handy auf. Der Anruf endet in diesem Moment. „Das muss ihm aus der Tasche gefallen sein als er vom Hochstand viel.“ „Gib her, ich möchte sehen welche Fotos er drauf hat“, sagt Sepp und reißt mir das Handy aus der Hand. „Das kannst du doch nicht, … Was ist den das? Ist das Leo der gerade mit der Unkrautspritze über Johanns Feld fährt? Darum hab ich ihn gestern nochmal fahren sehen“.


  • Der 1. Schnitt:

    Heute will ich Johann im Krankenhaus besuchen. Nach einem ausgiebigen Frühstück schaue ich noch kurz auf die Felder ob schon Pflanzen zu sehen sind. Am Feld angekommen beginnt es leicht zu regnen. Das Getreide ist schon gut durchgekommen. Der Hafer steht wunderbar. Um die Feldbereiche besser erkennen zu können habe ich einen kleinen Grünstreifen zwischen die Felder gesät. Das Gerstenfeld sieht leider sehr schlecht aus. Der Bestand ist viel zu dünn. „Mist ich habe vergessen eine Abdrehprobe vor der Saat zu machen“, sage ich leise vor mich hin. Danach fahre ich zu Johann ins Krankenhaus. Ich betrete sein Krankenzimmer. Johann sitzt auf seinem Bett und schaut zum Fenster raus. „Servus Johann wie geht es dir“, frage ich während ich mich von hinten annähere. Er dreht sich um. „Oh entschuldigen Sie, sie sind ja gar nicht Johann“, sage ich verwundert. „Warum glaubt eigentlich hier jeder dass ich Johann bin. Dieser Irre alte Mann. Zum Glück haben die ihn weggebracht“. „Oh tut mir leid dass ich Sie verwechselt habe. Sie haben einen ähnlichen Körperbau und die gleiche Haarfarbe. Von hinten dachte ich, … Naja. Wohin wurde Johann gebracht?“. Der Mann antwortet: „Seine Frau hat gesagt in eine Spezialklinik weil er starke Demenz hat. Er hat mir Geschichten erzählt, das können Sie sich nicht vorstellen. Außerdem hat er im Schlaf regelmäßig geschrien. Die Wahrheit steckt in den Bienen. Der Stock ist die Lösung. Er war mein Vater. Er war mein Bruder, usw. Total irre“. „Eine Frage habe ich noch. Wie sah seine Frau aus?“ „Groß, bestimmt 175. Sie hatte kurze graue Haare, so ca. um die 70 schätze ich. Außerdem roch sie stark nach Kuhstall. Ich musste immer lüften nachdem sie kam. Jetzt möchte ich aber bitte wieder meine Ruhe“, sagt er leicht verstimmt. Ich bedanke mich und verlasse das Zimmer. „Das muss Monika gewesen sein“.



    Da das Wetter sich gebessert hat und das Heu knapp wird, beschließe ich noch kurz die kleine Wiese im Ort zu mähen. Ich hänge das kleine Kuhn Mähwerk an den Zetor und lege los. Nach ein paar Bahnen sehe ich, wie auf der Nachbarwiese ein schöner neuer Claas mit Front- und Heckmähwerk die Arbeit beginnt. Als der Traktor näher kommt, sehe ich dass Sepp die Maschine fährt. Ich hupe kurz und zeige ihm dass er stehen bleiben soll. Wir steigen beide von unseren Schleppern und treffen und am Zaun. Sepp ruft: „Hast schon gehört, Johann wurde in eine Psychiatrie eingeliefert. Er ist anscheinend geistig stark verwirrt“. „Ich war vorhin dort. Anscheinend hat er Demenz. Ich dachte du bist Fendt Fan? Ist der Claas ein Vorführer?“, frage ich. „Nein der gehört Monika. Ich mähe nur kurz ihre Wiese. Sie musste weg und hat mich gefragt ob ich helfen kann“. „Du Sepp, Johanns Zimmergenosse aus dem Krankenhaus hat gesagt, dass Johanns Frau die Einweisung beauftragt hat. Die Beschreibung dieser Frau passt genau auf Monika“. Er antwortet: „Das gibt’s nicht. Johanns Exfrau hat ihm vor Jahren verlassen. Monika hatte nie einen Mann. Außerdem steht sie auf Männer die jünger, ach das weißt du ja schon“. Wir verabreden uns für den Abend um bei einem Bier weiter zu quatschen.



    Am IHC wird der kleine 4-Kreisel Wender angehängt. Das gemähte Gras soll so schön auf der Wiese verteilt liegen damit die Sonne das Futter trocknen kann. Am Abend werde ich den Vorgang wiederholen. Allerdings mit weniger Drehzahl an der Zapfwelle damit die Kreisel langsamer drehen. Das Gras wird so auf kleine provisorische Schwaden gelegt damit das trocknende Gras in der Nacht weniger Fläche hat um Feuchtigkeit zu ziehen. Am Gasthaus fällt mir auf, dass der Parkplatz abgesperrt ist und Security das Gasthaus bewacht. Ich bleibe vor bleibe kurz stehen um mir die beiden Luxuswagen auf dem Parkplatz anzusehen. „Bitte bleiben sie hinter der Absperrung“, meint ein Angestellter der Security. Ich frage ihn was hier los ist. „Haben Sie noch nichts vom Film gehört? Es wird hier ein Comedy Kinofilm über Hinterkaifeck gedreht. Die Filmcrew und die Schauspieler übernachten hier.“ Jetzt kenne ich auch den Grund warum ich aus meinem Zimmer musste.



    Zwischen erstem und zweitem Kreiseldurchgang bleibe ich kurz am Hof stehen und schaue nach den Tieren. Die Worte von Johanns Zimmerkollegen gehen mir nicht aus dem Kopf. „Die Wahrheit steckt in den Bienen. Der Stock ist die Lösung. Er war mein Vater. Er war mein Bruder.“ Was kann das nur bedeuten. In den Bienen. Der Stock ist die Lösung, … klar der Bienenstock hinter Johanns Haus. Ich habe nur keinen Imker Anzug und keinerlei Erfahrung mit Bienen. Vielleicht sterben seine Bienen durch Leos Spritzaktivitäten. Klar das muss es sein. Die Neugier packt mich. Ich hole mir lange Kleidung aus meinem Zimmer, setze mir die Sonnenbrille als Schutzbrille auf und ziehe mir die Kapuze der Jacke über den Kopf. „Ich sehe aus wie ein Einbrecher“, denke ich mir. Ich fasse meinen ganzen Mut zusammen und öffne die Eingangstür der Bienenhütte. Nichts aber auch gar nichts das hier auffällig wäre. Was kann er nur gemeint haben. Vielleicht hat Sepp am Abend eine Idee. „Was machen Sie hier!“, höre ich jemanden hinter mir brüllen. Ich drehe mich ruckartig um. Schon spüre ich den ersten Bienenstich, dann den nächsten. „Hilfe! Hilfe!“ rufe ich. Aus Panik schlage ich mit den Händen wild um mich. Unzählige Stiche, überall auf meinem Körper. Ich versuche wegzulaufen. Schließlich … Schwarz