17. Melli und die Psychologie
Am Abend telefoniert Melli noch mit Manu um sich über den Stand der Dinge zu informieren. Manu berichtet bis ins kleinste Detail, dass die Samen nun künstlich angereichert werden, immer wieder die Fruchtbarkeit untersucht wird und wenn alles positiv verläuft werden die Samen in die Gebärmutter eingesetzt. In der ganzen Begeisterung ist den beiden aber auch bewusst was für eine große Verantwortung Manu da für die vier übernimmt. Was wenn es nicht klappt, was wenn das Kind nicht richtig heranwächst, Fragen über Fragen. Sich selber dessen bewusst sein ist ja das eine und schon schwer genug, aber hier geht es ja auch um Nicole und Max.
Am nächsten Morgen geht´s für Melli dann wieder auf´s Feld. Das Güllefass aus der Halle geholt, es ist die Jungfernfahrt, neu gekauft und glänzend steht es da und wird zum ersten Mal befüllt.
Dann geht´s direkt zum Feld vorne an der Straße zum Hof. Schon auf dem Weg dorthin ist sie schon mit der Recherche im Internet über die Selbstmordrate transsexueller Menschen beschäftigt. Organisationen und Verbände verlangen Lockerungen im TSG-Gesetz, um den Betroffenen die lange Prozedur zu erleichtern, was Melli eher Bauchschmerzen bereitet. Ist es heute so, dass mindestens eine 1 1/2 Jährige psychologische Betreuung stattfinden muss und zwei unabhängige Gutachten erforderlich sind, um später auch die gegengeschlechtliche Operation voll ziehen zu können, sollen hier die Laufzeiten und die Gutachten entfallen. Melli biegt auf das Feld ein...
Aber ist das der richtige Weg? Etwas zwiegespalten betrachtet sie die gesamte Situation, denn es gibt hier verschiedene Ausgangssituationen. Bei Kindern, die in jungen Jahren offen über ihr Geschlecht sprechen und vom Leben und der Gesellschaft noch nicht so sehr geprägt sind, spricht weniger dagegen. Hier von einem psychologischen Problem zu sprechen wäre größtenteils auszuschließen. Sie kennt ein Mädchen, welches sich mit fünf Jahren bei der Mutter geoutet hat. Aber sie kennt auch Erwachsene, die definitiv den falschen Weg gegangen sind. Das Internet und die Communitys sind voll mit Menschen, die sagen, dass das Leben als Frau so viel besser ist, als wie jenes als Mann, oder halt auch anders herum. Bei solchen Aussagen läuten gleich die Alarmglocken. Das Leben bleibt das gleiche, die gleichen Probleme, die gleichen Sorgen, die gleichen Freuden, halt nur in einem anderen Geschlecht. Es ist schwierig zu beurteilen ob der Weg wirklich der richtige ist. Ist es wirklich eine Transsexualität in dem Sinne, oder nur ein Fall von Minderwertigkeitskomplex im angeborenen Geschlecht versagt zu haben und es in dem anderen Geschlecht als leichter zu empfinden. Die Grenzen sind stark verwaschen und bedürfen einer guten psychologischen Betreuung. Während Melli ihre Bahnen zieht kommt ihr die Idee hierüber ein Vortrag zu halten...
